Mitverschulden durch Schweigen

Mitverschulden durch Schweigen

Einen durchaus ungewöhnlichen Fall hatte das OLG Braunschweig (Urteil vom 24.06.2021 – Az.: 7 U 1404/19) zu entscheiden, bei welchem es darum ging, ob dem Beifahrer ein Mitverschulden durch Schweigen anzulasten ist, weil dieser dem Fahrer nicht gesagt hatte, dass er langsamer fahren soll.

Was ist passiert: Geklagt hatte die Krankenversicherung des Beifahrers gegen die Haftpflichtversicherung des Fahrers und Halters. Dieser hatte einen Unfall verursacht. Dabei hatte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und ist sehr riskant gefahren. Kurz vor dem Unfallereignis gab es bereits zwei Beinahe-Unfälle. Bei dem anschließenden Unfall wurde der Beifahrer verletzt. Seine Krankenkasse hatte daraufhin die Haftpflichtversicherung des Fahrers und alleinigen Unfallverursachers auf Schadensersatz (Ersatz der Behandlungskosten) verklagt.

Das LG Göttingen hat dabei ein Mitverschulden des Beifahrers aufgrund einer Selbstgefährdung angenommen und der Klage lediglich zu 2/3 stattgegeben. Es wurde ein Mitverschulden durch Schweigen des Beifahrers angenommen, da dieser verpflichtet gewesen wäre, den Fahrer aufzufordern langsamer zu fahren. Wenn der Beifahrer das nicht macht, dann liegt en Fall einer Selbstgefährdung vor, sodass ein Mitverschulden des Beifahrers mit einer Quote von 1/3 anzunehmen ist.

Das OLG hat diese Entscheidung des Landgerichts vollständig bestätigt. Dabei wurde angeführt, dass es auch andere vergleichbare Fälle gibt, bei welchen ein Mitverschulden des Beifahrers angenommen wird, wenn er nicht eingreift. So wir ein Mitverschulden durch Schweigen des Beifahrers angenommen, wenn dieser erkennbare alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit, eine erkennbare Übermüdung oder eine bekannte fehlende Fahrerlaubnis des Fahrers kennt oder weiß, dass das Fahrzeugs technische Mängel hat. In allen Fällen liegt ein erkennbar riskantes Verhalten mit vergleichbarem Gefahrenpotential für Leib und Leben vor. Der Beifahrer muss daher eingreifen und darf nicht schweigen. Schweigt er, dann nimmt er eine Selbstgefährdung in Kauf.

Bei der Haftungsquote hatte das OLG Braunschweig entsprechende obergerichtliche Fälle herangezogen und eine vergleichsweise geringe Haftungsquote dem Beifahrer auferlegt. Ja nach Einzelfall wäre auch eine Haftung von bis zu 75 % möglich, so das Oberlandesgericht.

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